VwGH zur Immobilienertragsteuer: Hauptwohnsitzbefreiung endet nicht am Gartenzaun

Dank der sogenannten „Hauptwohnsitzbefreiung“ ist der Verkauf von Eigenheimen samt Grund und Boden bei privaten Immobilienverkäufen unter bestimmten Voraussetzungen von der Immobilienertragsteuer (ImmoESt) befreit. In einem aktuellen Fall hatte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) über die Frage zu entscheiden, ob die Steuerbefreiung des § 30 Abs 2 Z 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auch für ein mehr als 3.600 m² großes Grundstück gilt – oder ob es eine flächenmäßige Begrenzung gibt. 

Ein Ehepaar verkaufte eine im Gebiet der Landeshauptstadt gelegene Liegenschaft mit einem Wohnhaus samt Garage auf rund 3.646 m² Fläche. Der Anteil der bebauten Fläche betrug 317 m2. Das Ehepaar nutzte das Haus von April 2002 bis September 2012 als Hauptwohnsitz und verkaufte es anschließend um einen Kaufpreis von € 3,2 Mio. Die Voraussetzungen für die Hauptwohnsitzbefreiung nach § 3 Abs 2 Z 1 EStG schienen erfüllt, weshalb der Kaufpreis für Grund und Boden im Ausmaß von 3.646 m² bei der Selbstberechnung steuerfrei belassen wurde. 

Im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung stand die Auslegung des Begriffs „Eigenheim samt Grund und Boden“ im Sinne des § 30 Abs 2 Z 1 EStG. Nach dieser Bestimmung ist der Verkauf von Eigenheimen samt Grund und Boden von der Immobilienertragsbesteuerung ausgenommen, wenn das Eigenheim dem Verkäufer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird (§ 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG). Ein Eigenheim ist ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim kann auch im Eigentum zweier oder mehrerer Personen stehen (§ 18 Abs 1 Z 3 lit b EStG). Wesentlich war in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Begriff „Eigenheim samt Grund und Boden“ flächenmäßig begrenzt ist und sich durch eine Maximalfläche steuerliche Nachteile beim Verkauf im Hinblick auf die „Hauptwohnsitzbefreiung“ ergeben können.

Das Finanzamt unterwarf im Rahmen einer Überprüfung einen erheblichen Teil des Veräußerungsgewinns der Immobilienertragsteuer. Die Steuerbefreiung des § 30 Abs 2 Z 1 EStG nur für den „üblicherweise als Bauplatz benötigten Grund und Boden“. Der Veräußerungserlös für die Fläche, die über 1.000 m² (rund € 2,2 Mio) hinausging, sei nicht von der Befreiung umfasst. Das Bundesfinanzgericht (BFG) war anderer Ansicht und hob den Steuerbescheid auf. Die Einkommensteuerrichtlinien 2000 (EStR 2000) definieren den „üblicherweise benötigten Bauplatz“ in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Grunderwerbsteuer zwar mit einer Größe von maximal 1.000 m2, doch sei diese Auslegung nicht zwingend. Das Einkommensteuergesetz sehe keine starre Flächenobergrenze vor und es müsse im Einzelfall beurteilt werden, welcher Grundanteil zum Eigenheim gehöre. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hob das Erkenntnis des BFG auf und stellte klar: Der Begriff „Eigenheim samt Grund und Boden“ ist im Hinblick auf die Steuerbefreiung nicht grenzenlos. Die Befreiung umfasst nur jenes Ausmaß an Grund, das „üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist“. Die Grenze ist nach der Verkehrsauffassung zu ziehen. Damit ist gemeint: Steuerfrei ist nur jene Fläche, die als ortsüblich und notwendig für eine Wohnnutzung angesehen wird. Das BFG habe mit der Annahme, es gäbe keine größenmäßige Beschränkung, die Rechtslage verkannt.

Diese Entscheidung zeigt, dass Grundstücksverkäufe sorgfältig geplant werden sollten, um teure Überraschungen im Nachhinein zu vermeiden. Nur weil eine Liegenschaft als Eigenheim dient, ist ihr Verkauf nicht automatisch von der „Hauptwohnsitzbefreiung“ im Sinne des § 30 Abs 2 EStG umfasst. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, welche Fläche als ortsüblich angesehen werden kann.

22.10.2024

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