Internationaler Urheberrechtsverstoß

Die internationale Verfolgung von Urheberrechtsverstößen ist in aller Regel aufwendig, aber durchaus möglich. In einer Entscheidung vom Juni 2025 hatte sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage zu befassen, ob eine Urheberrechtsverletzung nach österreichischem Recht vorliegt, wenn ein Lichtbild ohne Werknutzungsbewilligung auf einer ausschließlich niederländischsprachigen Website mit niederländischer Top-Level-Domain veröffentlicht wird, die auch in Österreich abrufbar ist. Konkret ging es um die Verwendung eines professionellen Fotos mit erkennbar österreichischem Motiv durch einen niederländischen Webseitenbetreiber. Die Vorinstanzen hatten einen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug verneint und das Unterlassungs- und Zahlungsbegehren des klagenden österreichischen Interessenverbands abgewiesen. Der OGH gab der Revision des Klägers teilweise statt und stellte klar, dass bei Urheberrechtsverletzungen im Internet ein „commercial effect“ im Inland – anders als im Markenrecht – nicht erforderlich ist, um Schutz nach dem österreichischen Urheberrechtsgesetz zu beanspruchen.

Der Kläger war ein österreichischer Berufsverband, der unter anderem Leistungsschutzrechte von Fotografen wahrnimmt. In dieser Funktion machte er Ansprüche geltend, weil ein niederländischer Einzelunternehmer auf seiner Website ein Lichtbild ohne Zustimmung des Lichtbildherstellers (des Fotografen, den der Kläger vertrat) veröffentlicht hatte. Das Foto zeigt eine LED-Beleuchtung in einer Bar in Wien und war Bestandteil des Webauftritts des Beklagten, der sein Unternehmen in den Niederlanden betrieb, sein Angebot ausschließlich an niederländischsprachige Nutzer richtete und keine Geschäftsaktivitäten in Österreich entfaltete. Die Webseite des Beklagten war jedoch auch in Österreich abrufbar.

Der Kläger begehrte einerseits Unterlassung der weiteren Nutzung des Lichtbildes für das österreichische Staatsgebiet, andererseits Zahlung eines angemessenen Entgelts in Höhe von 1.567,50 EUR (inklusive sogenanntem „Duplum“ nach § 87 Abs 3 UrhG). Er argumentierte, dass für die Anwendung des österreichischen Urheberrechts keine Marktbezogenheit in Österreich erforderlich sei, sondern die technische Abrufbarkeit der Website im Inland genüge. Die Vorinstanzen sahen das anders, verneinten einen ausreichenden Inlandsbezug zur Begründung einer Urheberrechtsverletzung in Österreich und wiesen daher die Klage ab.

Der Kläger wandte sich daher an den OGH. Dieser stellte klar, dass das Territorialitätsprinzip im Urheberrecht zur Folge hat, dass jede urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen ist, in dem der Schutz beansprucht wird. Für den Unterlassungsanspruch nach § 18a UrhG – also dem Recht zur öffentlichen Zurverfügungstellung – ist es nach Meinung des OGH nicht erforderlich, dass die Handlung auf den österreichischen Markt abzielt. Es genügt, wenn das Werk in Österreich abrufbar ist und zusätzlich ein sachlicher Bezug zum Inland besteht. 

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist der sogenannte „commercial effect“, wie er im Markenrecht verlangt wird, im Urheberrecht nicht erforderlich. Anders als bei Marken setzt das Urheberrecht keinen geschäftlichen Verkehr voraus, sondern schützt auch (rein) ideelle Interessen des Urhebers. Dabei geht es nicht nur um wirtschaftliche Verwertbarkeit, sondern auch um Kontrolle über das Werk und Anerkennung der Urheberschaft.

Im vorliegenden Fall lag dieser Inlandsbezug jedenfalls vor: Das Lichtbild zeigte eine Wiener Lokalität, wurde in den österreichischen Wirkbereich eines Berufsfotografen eingebettet und war in Österreich uneingeschränkt abrufbar. Die Gestaltung der Website – insbesondere Sprache und Domain-Endung – spielte für die Verletzung des § 18a UrhG nachAnsicht des Höchstgerichtes keine entscheidende Rolle, da das Lichtbild unabhängig davon für österreichische Nutzer ohne technische oder sprachliche Hürden sichtbar war. Die bloße Tatsache, dass der Beklagte keine Geschäfte in Österreich tätigte, kann den urheberrechtlichen Schutz im Inland nicht ausschließen.

Hinsichtlich des Zahlungsbegehrens fehlten aber noch entscheidungsrelevante Feststellungen, insbesondere zur Frage, wie hoch ein angemessenes Entgelt für eine bloß abrufbare, aber nicht gezielt inländisch vermarktete, Bildverwendung zu bemessen ist. Auch die Frage, ob den Beklagten ein Verschulden trifft (relevant für das Duplum), war offen. Insofern wurde das Verfahren insoweit an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Revision des Klägers hatte also Erfolg. Der OGH änderte die Vorentscheidungen insofern ab, als er dem Unterlassungsbegehren stattgab und ein entsprechendes Verbot für das österreichische Bundesgebiet aussprach. Das Lichtbild wurde im Spruch ausdrücklich genannt. Bezüglich des Zahlungsbegehrens hob der OGH die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung an das Erstgericht zurück. 

Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für die urheberrechtliche Praxis im digitalen Binnenmarkt. Der OGH stellt klar, dass bei Verletzungen des Zurverfügungstellungsrechts nach § 18a UrhG keine markenrechtlichen Kriterien wie Marktbezug, Sprache oder Domainstruktur anzuwenden sind. Maßgeblich ist allein, ob das Werk technisch im Inland zugänglich ist und ob Rechteinhaber oder Motiv einen sachlichen Bezug zu Österreich aufweisen. Die Entscheidung stärkt die Position von Urhebern und deren Verwertungsgesellschaften bei grenzüberschreitenden Rechtsverstößen im Internet daher ganz wesentlich.

Website-Betreiber sollten sich der urheberrechtlichen Risiken bewusst sein, die mit der Verwendung fremder Bilder ohne rechtskonforme Lizenz einhergehen, da ein derartiges Gerichtsverfahren im Ausland einiges an Mühen, Kosten und Zeit beanspruchen kann. Die Entscheidung unterstreicht, dass bei der Bebilderung von Online-Inhalten eine sorgfältige Rechteklärung erforderlich ist, auch wenn die Website nicht aktiv auf den österreichischen Markt (oder spiegelbildlich betrachtet auf ausländische Märkte) ausgerichtet ist. Für Fotografen und Verwertungseinrichtungen eröffnet die Entscheidung erweiterte Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung im Inland. 

OGH 24.06.2025, 4 Ob 132/24a

22.07.2025

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