OGH 25.01.2024, 4 Ob 120/23k
Oft stellt sich die Frage, ob Bilder, die Privatpersonen (oder auch professionelle Fotografen) im Internet hochladen, geschützt sind, und ob eine Verwendung dieser Fotos durch Dritte Schadenersatzansprüche auslösen kann. Als Urheber eines Lichtbildes (oder Lichtbildwerkes) stehen dem Fotografen jene Rechte zu, die das Urheberrechtsgesetz ihm zuweist. Grundsätzlich gilt, dass Fotos nur veröffentlicht werden dürfen, wenn derjenige, der das Lichtbild angefertigt hat, dem zugestimmt hat. Durch das Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 25.01.2024, 4 Ob 120/23k wurden die Rechte von Fotografen nun deutlich gestärkt.
Auslöser dafür war ein Stromausfall im Wiener Prater, der die Lichter ausgehen ließ. Menschen blieben in Fahrgeschäften stecken. Ein Mann hielt diese Szene mit seinem Handy fest und veröffentlichte die Bilder auf X (ehemals Twitter). Am nächsten Morgen kontaktierte ihn ein Redakteur des Österreichischen Rundfunks (ORF) und fragte, ob er die Fotos für einen Beitrag verwenden dürfe. Als der Fotograf nach einer Vergütung fragte und der Journalist dies ablehnte, schien die Sache erledigt. Trotzdem nutzte der ORF drei der Bilder in der Hauptnachrichtensendung „Zeit im Bild“.
Der Fotograf, der die unerlaubte Nutzung seiner Bilder bemerkte, zog vor Gericht. Er forderte eine Entschädigung in Höhe von € 4.000. Dies sei angemessen, weil das Urheberrechtsgesetz vorsehe, dass bei unbefugter Nutzung das Doppelte des üblichen Entgelts zu zahlen sei. Der ORF argumentierte, dass er aufgrund des Informationszwecks berechtigt gewesen wäre, die Bilder – ohne dafür etwas zu bezahlen – zu verwenden (gemeinhin sind derartige Ausnahmen von den Rechten, die allein dem Urheber vorbehalten sind, als „freie Werknutzungen“ bekannt). Diese Ansicht wies das Handelsgericht Wien zurück. Es stellte klar, dass die Fotos nicht unter die gesetzlich definierten Ausnahmen des UrhG fielen. Das Handelsgericht Wien bewertete den Wert der Bilder auf Basis der Empfehlung der Fotografeninnung mit € 210 pro Bild. Da der ORF die Bilder ohne Genehmigung verwendet hatte, wurde eine Entschädigung von insgesamt € 1.260 ermittelt. Diese Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht Wien und schließlich auch vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Der OGH führte dazu aus, dass sich aus dem österreichischen UrhG – im Gegensatz zum deutschen UrhG – „keine allgemeine Rechtfertigung für die Verwertung von Lichtbildern ableiten [lasse], die Tagesereignisse zeigen oder damit in Zusammenhang stehen“.
Die Entscheidung des OGH unterstreicht, dass freie Werknutzungen die Ausnahme bleiben müssen. Sie stellt einen weiteren Baustein im Schutz der Urheberrechte in der digitalen Ära dar. Es wird klargestellt, dass auch im Internet bereits veröffentlichte Bilder nicht ohne die Zustimmung des Urhebers (weiter-)verwendet werden dürfen.
13.03.2024