Das österreichische Gesellschaftsrecht ist davon geprägt, dass nur jene Gesellschaftsformen zulässig sind, die gesetzlich „typisiert“ sind. Anders als das allgemeine Vertragsrecht (in dem es auch zu Vertragstypen kommen kann, die gesetzlich nicht vorgesehen sind, ein klassisches Beispiel ist der „Leasing Vertrag“), gibt das Gesetz also vor, welche Gesellschaftsformen zulässig sind und – wobei hier auch Abänderungen durch die Parteien möglich sind – wie die Rechtsverhältnisse rund um eine bestimmte Gesellschaft strukturiert sind.
Die bestehenden gesetzlichen Regelungen (insbesondere) der österreichischen GmbH wurden in der Vergangenheit als bisweilen zu eng angesehen. „Treiber“ einer rezenten gesetzlichen Entwicklung war insbesondere die StartUp-Szene, die sowohl was die Formpflichten, aber auch was insbesondere die Kapitalmaßnahmen betrifft, seit Jahren Kritik übt am starren gesellschaftsrechtlichen System der österreichischen GmbH.
Vor diesem Hintergrund hat der österreichische Gesetzgeber durch das Gesellschaftsrechts- Änderungsgesetz 2023 (BGBl I Nr. 179/2023) eine dritte Kapitalgesellschaft ins Leben gerufen, die flexible Kapitalgesellschaft (oder abgekürzt „FlexCo“). Grundsätzlich ist diese Gesellschaft der bestehenden GmbH sehr ähnlich, insofern kommt auch das GmbHG subsidiär zur Anwendung.
Ebenso wie die GmbH entsteht die FlexCo erst mit Eintragung im Firmenbuch, Themen wie die Vorgesellschaft oder die Vorgründungsgesellschaft können sich also ebenso stellen. So ist für die Gründung auch in aller Regel ein Notariatsakt notwendig (§4 Absatz 3 GmbHG), auch bei Spaltungen oder Verschmelzungen bleibt es beim Notariatsakt und auch die Änderung des Gesellschaftsvertrages an sich erfordert diese spezielle Form.
Eine Reihe von Punkten ist doch bei der FlexCo anders geregelt:
So ist eine Übertragung von Geschäftsanteilen durch eine Urkunde nach §12 FlexKapGG, errichtet durch/vor einem Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder Notar/Notarin ausreichend. Eines Notariatsaktes bedarf es nicht. Weiters besteht die Möglichkeit von (zumindest) zwei unterschiedlichen Anteilsklassen und zwar regulären Geschäftsanteilen (mit Stimmrecht etc) und sogenannten Unternehmenswert-Anteilen („UWAs“). Eine uneinheitliche Stimmabgabe ist zulässig, eine Umwandlung einer GmbH in eine FlexCo ist einfach möglich (§ 25 FlexKapGG). Die Unternehmenswerte-Anteile ermöglichen die Beteiligung von (insbesondere) Mitarbeitern, wobei der Anteil derartiger UWAs 25 % des Stammkapitals nicht erreichen darf, also darunterliegen muss. Grundsätzlich haben derartige Anteilsinhaber die gleichen Rechte wie Gesellscher (haben also insbesondere ein Recht auf Gewinn und Liquidationserlös) und stehen ihnen auch Informations- und Einsichtsrechte zu, freilich aber kein Stimmrecht und daher auch kein Recht, Beschlüsse anzufechten.
Auch die Kapitalmaßnahmen wurden bei der FlexCo weitgehend flexibler geregelt. So ist der Erwerb eigener Anteile unter gewissen Voraussetzungen grundsätzlich zulässig, auch eine bedingte Kapitalerhöhung sieht das Gesetz vor. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit mit Hilfe eines genehmigten Kapitals, das Stammkapital durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile gegen Einlage (folgend den Regeln der ordentlichen Kapitalerhöhung) zu erhöhen.
Wehrmutstropfen ist, dass bereits eine mittelgroße FlexCo aufsichtsratspflichtig wird (§ 6 FlexKapGG). Im Übrigen aber zeigt die FlexCo gegenüber der GmbH einige Vorteile, sodass davon auszugehen ist, dass diese Rechtsform (im Sinne eines „Wettbewerbes der Rechtsformen“) in der Zukunft im Vormarsch sein wird. Es ist auch zu erwarten, dass dann wiederum ein gewisser Rückschlageffekt auf die Regelungen des GmbHG eintreten wird, dass man also Regelungen, die beim Normunterworfenen Anklang finden und sich als praktikabel erweisen, aus dem FlexKapGG auch in das GmbHG überführt.
20.06.2024