Stundensatzvereinbarung für anwaltliche Leistungen genügen Transparenzanforderungen

Welche Anforderungen stellt das Transparenzgebot nach Art 4 Abs 2 der Klauselrichtlinie (RL 93/13/EWG) an Zeithonorarvereinbarungen zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verbraucher?

Ein Rechtsanwalt klagte seinen ehemaligen Mandanten auf Zahlung des vereinbarten Honorars. Die vom Mandanten unterzeichnete Honorarvereinbarung sah eine Abrechnung nach Zeit vor. Vereinbart wurde ein Stundensatz in der Höhe von € 300,00 bei einer Verrechnungszeit von 10 Minuten. Der Rechtsanwalt informierte seinen Mandanten darüber, dass die Länge des Obsorge-, Kontaktrechts- und Unterhaltsverfahrens und damit die Höhe des tatsächlichen Aufwandes nicht abschätzbar sei. Daher sei eine Abrechnung nach Zeit am fairsten. Im Laufe des Verfahrens kündigte der Mandant seinem Anwalt die Vollmacht und weigerte sich, das ausstehende Honorar in der Höhe von EUR 6.455,74 zu bezahlen. Er behauptete, die Honorarvereinbarung sei nicht transparent gewesen und widerspreche einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 12.01.2023, C-395/21). Nach dem Urteil genüge eine Honorarvereinbarung nach Zeitaufwand (ohne weitere Angaben) nämlich nicht dem Erfordernis der Klarheit und Verständlichkeit. Aus bisherigen rechtlichen Angelegenheiten, bei denen der Mandant einen Anwalt aufgesucht hatte, wurde meist nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) abgerechnet. 

Im Zentrum der rechtlichen Auseinandersetzung stand folglich die Kernfrage, welchen Transparenzanforderungen die Vereinbarung eines Stundensatzes für anwaltliche Leistungen im Lichte der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu genügen hat. In diesem Zusammenhang waren insbesondere die standesrechtlichen Regeln für Rechtsanwälte von Relevanz. Rechtsanwälte müssen ihre Mandanten nämlich in regelmäßigen Abständen vollständig, auf leicht überprüfbare und nachvollziehbare Weise über die bereits erbrachten Leistungen informieren

Das Erstgericht hielt die Honorarvereinbarung für wirksam, weil sie vorab besprochen worden war, und gab der Klage statt. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass die Vereinbarung nicht im Einzelnen ausverhandelt worden war. Damit sei sie im Sinne der RL 93/13/EWG und § 6 Abs 3 KSchG intransparent und somit unwirksam. Der Oberste Gerichtshof (OGH) stellte das erstinstanzliche Urteil wieder her. Er bestätigte, dass die standesrechtlichen Pflichten eines Rechtsanwalts den Anforderungen des EuGH Genüge tun. Der Beklagte war ausreichend informiert und konnte abschätzen, welche Kosten auf ihn zukommen würden. Auch den Vorwurf des Wuchers wies der OGH zurück: Es gab kein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Honorar, und auch die fehlende Erfahrung des Beklagten mit Anwaltskosten oder seine emotionale Belastung durch das Verfahren reichten nicht aus, um den Vertrag ungültig erscheinen zu lassen.

Abschließend zeigt die Entscheidung des OGH, dass es entscheidend ist, dass Mandanten durch eine transparente und kontinuierliche Information über die Leistungen und deren Umfang in die Lage versetzt werden, die finanziellen Folgen der Honorarvereinbarung realistisch einzuschätzen. Die Judikatur betont die Bedeutung von Transparenz im Mandatsverhältnis und stellt klar, dass pauschale Intransparenzvorwürfe nicht genügen, um eine Honorarvereinbarung zu Fall zu bringen.

OGH 14.01.2025, 8 Ob 92/24y

17.02.2025

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