Schutz der Privatsphäre prominenter Persönlichkeiten

OLG Wien 21.02.2024, 17 Bs 305/23m

Aufgrund der Digitalisierung und der Rolle digitaler Medien in der heutigen Gesellschaft stellt sich immer wieder die Frage, was man gegen – in der Regel weltweit abrufbare – Medienberichte, die in die Privatsphäre des Einzelnen eingreifen, tun kann. Diesbezüglich bestehen – neben vielen anderen Verfahren, wie einer zivilrechtlichen Klage, einem Antrag auf Gegendarstellung, einem Mandatsverfahren nach dem „Hass-im-Netz-Gesetz“ iSd § 549 ZPO – vor allem Ansprüche auf Entschädigung nach dem Mediengesetz, die grundsätzlich im Rahmen eines offiziösen Strafverfahrens, im selbstständigen Entschädigungsverfahren oder in Zusammenhang mit einer Privatanklage geltend gemacht werden können. Bei der Bestimmung der Höhe eines derartigen Ersatzes ist auf den Umfang und die Auswirkungen der Veröffentlichung, auf die Art und das Ausmaß der Verbreitung und auf die wirtschaftliche Existenz des Medieninhabers Bedacht zu nehmen. Der medienrechtliche Entschädigungsbetrag soll die erlittene Kränkung, d. h. den immateriellen Gefühlsschaden, ausgleichen.

Der Antragsteller im Verfahren OLG Wien 21.02.2024, 17 Bs 305/23m, der einst hohe politische Ämter bekleidet hatte, ließ sich von seiner Ehefrau scheiden. Die Antragsgegnerin, eine Medieninhaberin, berichtete auf ihrer Website und in ihrer App ausführlich über die Scheidung und enthüllte dabei zahlreiche persönliche Details. Zu den veröffentlichten Informationen gehörten unter anderem der Mädchenname der Ex-Ehefrau, der Verzicht beider Parteien auf Unterhaltsansprüche, das alleinige Sorgerecht der Ehefrau für den gemeinsamen Sohn sowie eine monatliche Unterhaltszahlung von € 580 durch den Antragsteller. Besonders pikant waren Berichte über eine angebliche Affäre des Antragstellers, die angeblich zu einem unehelichen Kind geführt hatte. Das Landesgericht für Strafsachen Wien führte zunächst aus, dass der objektive Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt sei, dies aufgrund der „Behauptungen, jemand habe schwere Eheverfehlungen begangen und seine spätere Frau während aufrechter Beziehung mehrfach mit einer anderen Frau betrogen, sowie, dass aus dieser Affäre ein uneheliches Kind entstanden sei“. Darüber habe die Bekanntgabe der Informationen betreffend die Details der (im Übrigen einvernehmlichen) Scheidung in den höchstpersönlichen Lebensbereich des Antragstellers eingegriffen. Für zwei Artikel legte das Gericht eine Entschädigung von € 4.500 fest. Damit war der Ex-Politiker nicht zufrieden, er legte eine Berufung ein. Er argumentierte, dass die festgesetzte Entschädigungssumme zu gering sei, insbesondere angesichts der wirtschaftlichen Potenz der Medieninhaberin.

Das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) wies die Berufung jedoch ab und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Das OLG Wien betonte, dass die Entschädigung gemäß §§ 6 – 7c MedienG nicht als Strafe, sondern als Ersatz für immaterielle Schäden zu verstehen sei. Im konkreten Fall reiche der Rahmen für Entschädigungen von € 100 bis € 40.000, und die vom Erstgericht festgesetzten € 4.500 seien moderat, aber angemessen. Das OLG Wien legte weiters dar, dass Art und Weise der Veröffentlichung vom Erstgericht ausreichend berücksichtigt worden seien und die Berichterstattung weder erniedrigend, noch lächerlich machend gewesen sei. Zudem betonte das OLG Wien, dass der Antragsteller nicht ausreichend dargelegt habe, inwieweit die Berichterstattung sein privates und berufliches Fortkommen beeinträchtigt habe.

Die Entscheidung des OLG Wien unterstreicht die Bedeutung des Schutzes der Privatsphäre und zeigt zugleich die Grenzen der Entschädigung im Medienrecht auf. Sie verdeutlicht, dass auf die Leistungsfähigkeit des Mediums nur insofern Bedacht zu nehmen ist, als seine Existenz gewahrt bleiben soll, dass aber wirtschaftlich starke Medien nicht allein deswegen eine höhere Entschädigung nach dem Mediengesetz zu leisten haben. Das Mediengesetz bietet keine Grundlage dafür, die Entschädigung bei leistungsfähigen Medien höher anzusetzen, da es sich um keine Strafe handelt, sondern um den Ersatz ideeller Schäden. Für Betroffene bietet das Urteil eine Orientierungshilfe hinsichtlich der möglichen Entschädigungsbeträge und der Voraussetzungen für deren Bemessung.

05.03.2024

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