Bobby-Car auf Abwegen: mit dem Spielzeugauto vor das Höchstgericht

Rechtliche Fragen rund um getunte, tiefergelegte Fahrzeuge und röhrende Auspuffe stellen keine Seltenheit dar. Doch was passiert, wenn ein aufgemotztes Bobby-Car mit 40km/h über den Gehsteig zischt? Handelt es sich noch um harmlose Bastelei am Kinderspielzeug oder genügt die Spielzeug-Optik des Plastik-Oldtimers nicht, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen?

Ein steirischer Student hatte ein handelsübliches „Bobby-Car“, ursprünglich ein Kinderspielzeug, erheblich modifiziert. Durch den Einbau von Elektromotoren eines Hoverboards und anderen technischen Anpassungen erreichte das Fahrzeug eine Geschwindigkeit von rund 40 km/h. Ohne Bremse, Licht oder Zulassung fuhr er damit nachts über einen Gehsteig – direkt in die Arme der Polizei. Ergebnis: 17 Anzeigen wegen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) und das Kraftfahrgesetz (KFG).

In diesem Fall stellte sich die Frage, ob das Bobby-Car noch als fahrzeugähnliches Spielzeug oder schon als „normales“ Fahrzeug im Sinne des § 2 Abs 1 Z 19 StVO anzusehen war. Die StVO definiert Fahrzeug als ein Fortbewegungsmittel, das für die Benutzung auf Straßen gedacht ist oder tatsächlich dort verwendet wird. Nicht als Fahrzeuge gelten zum Beispiel Rollstühle, Kinderwagen, Schubkarren sowie vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmte Kleinfahrzeuge. Ein Kraftfahrzeug im Sinne des KFG ist eine spezielle Form des Fahrzeugs: Es ist ebenfalls für die Straße bestimmt oder wird dort verwendet, aber es hat zusätzlich einen Motor und wird mit Energie angetrieben.

Der Student bekam zunächst Rückendeckung vom Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG Stmk), das der Ansicht war, ein Bobby-Car sei kein Fahrzeug im Sinne der StVO. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) verfolgte eine restriktivere Auslegung: Spielzeugauto hin oder her bei einer Leistung von 765 Watt und einer Geschwindigkeit von 40 km/h handle es sich klar um ein Fahrzeug im Sinne des § 2 KFG und § 2 Abs 1 StVO. Bei seiner Entscheidung griff der VwGH auf Erkenntnisse aus bisherigen Rechtssachen zu E-Scootern zurück. Leistungsstärkere und schnellere E-Scooter seien als Kraftfahrzeuge einzustufen. Nichts anderes kann für ein aufgemotztes Bobby-Car gelten.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die rechtliche Einordnung eines Fortbewegungsmittels nicht allein auf dessen ursprünglicher Bestimmung basiert, sondern maßgeblich von dessen tatsächlichen technischen Eigenschaften abhängt. Durch die Modifikation eines Spielzeugs zu einem leistungsfähigen Fahrzeug unterliegt dieses den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen. Sie betont die Notwendigkeit, bei der rechtlichen Bewertung stets die tatsächlichen technischen Eigenschaften eines Fortbewegungsmittels zu berücksichtigen.

15.09.2024

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