Sensationsfreiheit oder Pressefreiheit?

Immer wieder kommt es zum Zusammenstoß des öffentlichen Interesses an der Berichterstattung und dem Recht der Pressefreiheit, mit Persönlichkeitsrechten von Betroffenen. Die Grenzen scheinen hier oft unklar und schwammig. Ein dramatischer Unfall auf den Philippinen führte zu einer abermaligen rechtlichen Auseinandersetzung über die Grenzen der Pressefreiheit.

Anlassfall für die Berichterstattung und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) war ein tragischer Unfall: Die Klägerin und ihr Ehemann verbrachten ihre Hochzeitsreise auf den Philippinen. Bei einer Taxifahrt stürzte das Fahrzeug von einer Brücke ab, der Ehemann verunglückte tödlich. Eine österreichische Tageszeitung berichtete in Print- und ePaper-Ausgabe über das Unfallgeschehen und veröffentlichte verpixelte Bilder des Unfallopfers. Trotz Verpixelung waren die Klägerin und ihr Ehemann in den Berichten klar identifizierbar. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte.

Von zentraler Bedeutung war die Beurteilung, ob Bildnisse zu Berichtszwecken veröffentlicht werden dürfen, wenn die darauf abgebildeten Personen erkennbar sind. § 78 Urheberrechtsgesetz (UrhG) normiert, dass Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden dürfen, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten, oder falls er gestorben ist, eines nahen Angehörigen verletzt würden. Der OGH hatte sich in diesem Zusammenhang mit dem Spannungsfeld von Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz zu beschäftigen.

Das Erstgericht bejahte eine Verletzung des Bildnisschutzes nach § 78 UrhG und gab der Klage auf Unterlassung, Zahlung von immateriellem Schadenersatz sowie Urteilsveröffentlichung statt. Das Berufungsurteil änderte die Entscheidung dahingehend ab, dass das Urteil lediglich in allen (Regional)Ausgaben nur im Österreich-Teil zu veröffentlich seien. Der OGH wies die Revision zurück und bestätigte, dass die Klägerin und ihr Ehemann in der Berichterstattung zweifelsfrei erkennbar gewesen seien – dies trotz verpixelter Gesichter. Der OGH stellte klar, dass die Veröffentlichung der Bilder keinen ausreichenden Nachrichtenwert besäße, um dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin am eigenen Bild zu überwiegen. Die Berichterstattung diene primär der Sensationslust. Gerade bei Personenbildern sei eine sorgfältige Abwägung des Informationswertes zu den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen vorzunehmen. 

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte und zeigt die kritische Haltung der Gerichte gegenüber Sensationsberichten. Es bestätigt, dass Medien bei der Veröffentlichung von Bildern und persönlichen Geschichten eine sorgfältige Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen und dem Medieninteresse auf Veröffentlichung vornehmen müssen. 

OGH 08.10.2024, 6Ob118/24g

13.01.2025

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