VfGH 14.12.2023, E 1604/2022
Immer wieder gibt es in Österreich Debatten um längere Öffnungszeiten. Dahinter verbergen sich strenge gesetzliche Vorschriften, die die Öffnungszeiten regeln und das alltägliche Leben vieler Menschen beeinflussen. Gleichzeitig boomen rund um die Uhr zugängliche Selbstbedienungsautomaten und bieten eine bequeme Alternative für die Bedürfnisse der modernen Gesellschaft. Fraglich ist nur, was für diese Selbstbedienungsautomaten gilt; damit hat sich nun der Verfassungsgerichtshof (VfGH) befasst.
Das Öffnungszeitengesetz gilt grundsätzlich für „alle ständigen und nichtständigen für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden und sonstige Verkaufsstellen) von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung 1994“ unterliegen. Nach § 2 Z 1 ÖffnungszeitenG ist jedoch die „Warenabgabe aus Automaten“ davon ausgenommen. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich in diesem Zusammenhang mit einem Straferkenntnis der BH Spittal an der Drau zu befassen. Der Beschwerdeführer ist handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer einer GmbH und betreibt sog. „Ackerboxen“, dabei handelt es sich um Selbstbedienungscontainer, die nicht fest mit dem Boden verbunden sind. Es werden landwirtschaftliche Erzeugnisse, welche vom Beschwerdeführer selbst und von anderen Landwirten hergestellt werden, angeboten. In den Containern kann man ohne Mitwirkung eines Personals einkaufen und selbständig bezahlen.
In dem Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 3 und § 11 ÖffnungszeitenG iVm § 368 GewO 1994 vorgeworfen, weil zwei seiner sogenannten „Ackerboxen“ auch Samstag bzw. Sonntag zu näher bezeichneten Uhrzeiten geöffnet waren. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten wies die gegen das Straferkenntnis erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Daraufhin beanstandete der Beschwerdeführer die Verletzung der Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art 7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG) sowie die Freiheit der Erwerbsausübung (Art 6 StGG) und erhob eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde. Darin beantragte er auch die Prüfung des § 1 ÖffnungszeitenG und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der VfGH hat festgestellt, dass die Beschwerde zwar zulässig ist aber nicht begründet. Es handle sich um keinen schwerwiegenden Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit, weil die allgemeinen Ziele, denen Ladenschluss- bzw. Öffnungszeitenregelungen dienen, nämlich dem Schutz der Interessen der Verbraucher, dem Ziel der Wettbewerbsordnung und die sozialpolitische Funktion, im öffentlichen Interesse liegen. Der Gesetzgeber habe auch seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nach dem Gleichheitsgrundsatz nicht überschritten. Weiters sei eine denkunmögliche Anwendung des ÖffnungszeitenG nicht erkennbar. Bei entsprechender Begründung, dass unter „Warenausgabe aus Automaten“ lediglich Warenausgabeeinrichtungen wie Zigaretten- oder Kaugummiautomaten fielen – und nicht die sog „Ackerboxen“ – könne die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 2 Z 1 ÖffnungszeitenG – zumindest denkmöglich – verneint werden.
Der VfGH hat klargestellt, dass keine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten stattgefunden hat. Über die korrekte Anwendung des Gesetzes hat nun der VwGH zu entscheiden.
21.12.2023